Wie siehts in den deutschen Unternehmen aus?
Neuzulassungen E-Autos Deutschland

Um die deutsche Autoindustrie bei der Umrüstung zu unterstützen, hat auch der deutsche Staat mit finanziellen Hilfen interveniert. Als die Förderungen zum 01.01.2023 minimiert wurden, brachen die Neuzulassungen von BEV-Autos auf knapp 20.000 ein. Nachdem sich die Neuzulassungen im Laufe des Jahres wieder stabilisierten und Jagd auf neue Hochs machten, verflog die Hoffnung mit Ankündigung der Beendigung staatlicher Subventionen zum Jahresanfang 2024 relativ rasch.
Der Grundgedanke, dass ein Markt, welcher ohne Subventionen nicht überlebt, schlicht und ergreifend kein funktionierender Markt ist, ist in diesem Falle durchaus angebracht.
Zukunftstheorien

Nichts desto trotz sind die Ziele bzw. Erwartungen der deutschen Automobilhersteller durchaus positiv. Schon im Jahr 2030 erwarten sie einen BEV-Anteil von 70-80%. Benziner und Diesel haben ihren Einschätzungen nach nur noch einen relativen Marktanteil von 16-21%, während der Rest PHEV und Hybrid- Autos ausmacht.

In einem „Business-as-usual”- Szenario des DLR VECTOR21 beträgt der Anteil an Neuzulassungen auf dem deutschen Automarkt ab 2035 zu 100% BEV-Fahrzeuge. Somit wären neue Verbrenner endgültig Geschichte.
Probleme deutscher Konsumenten

2023 sind laut ADAC 18,4% der Neuzulassungen BEV-Fahrzeuge gewesen. Die Frage, warum sich nur fast jeder Fünfte in Deutschland ein vollelektrisch betriebenes Auto zulegen wollte, lässt sich relativ gut durch den Mobilitätsmonitor 2024 erklären:
Das meistgenannte Problem stellen für den Verbrauer die Anschaffungs- und Unterhaltungskosten dar, welche deutlich höher als bei Verbrenner sind. Das Thema der Reichweite und der Ladeinfrastruktur ist ein weiterer Aspekt, welchen die Verbrauer beim Entscheidungsprozess des Autokaufes immer wieder aufgreifen. Interessant ist jedoch vor allem der Zweifel an der Umweltfreundlichkeit, der von 59% der Befragten aufgeführt worden ist und sich somit Platz 3 bei den Vorbehalten gegen Elektroautos sichert.

Vergleicht man einen Neuwagen als Verbrenner mit einem Neuwagen als Elektroauto, sind die Preisunterschiede signifikant. Der Renault Twingo ist in seiner elektrischen Variante schlappe 74% teurer als mit einem Verbrenner-Motor; der Fiat 500 knapp 79% und der Opel Corsa 44%.

Bis die Mehrheit einer Einkommensgruppe tatsächlich hin zu der Anschaffung eines elektrifizierten Autos tendiert, muss das Haushalts-Netto-Einkommen laut Umfrage des ADAC SE über 6.000 Euro liegen. Man überblickt also, dass die Abneigung gegenüber E-Autos zu einem erheblichen Teil aus der zu großen Differenz von Preis und Einkommen und daraus resultierender Zahlungsbereitschaft hervorgeht.
Finanzzahlen deutscher Autohersteller

Quelle: BimmerToday

Quelle: BimmerToday
BimmerToday veröffentlicht quartalsweise den weltweiten Premium-Absatz der deutschen Automarken BMW, Mercedes und Audi. Vergleicht man die Absatzzahlen aus dem ersten Quartal des Jahres 2017 mit jenem des Jahres 2024, wird vor allem bei Mercedes und Audi etwas Bemerkenswertes deutlich: Die Absätze haben sich dezimiert. Bei Mercedes ist ein Absatzeinbruch von knapp 100.000 Fahrzeugen zu verzeichnen. Zeitraumbedingte Schwankungen in Bezug auf einzelne Unternehmen und Branchen sind nicht unüblich, jedoch ist dieser Vergleich sicherlich ein Indikator, dass sich der Abbau von Verbrennern in den Verkaufszahlen widerspiegelt.

Grafik: Eigene Darstellung; Quelle: Mercedes- Benz Group; 2020-2023 Geschäftsbericht

Grafik: Eigene Darstellung; Quelle: BMW Group; 2020-2023 Geschäftsbericht
Ein Blick in die Geschäftsberichte von Mercedes-Benz und BMW offenbart die Lage der wesentlichen finanziellen Entwicklungen. Die Umsätze im Bereich Automobile sind sowohl bei Mercedes als auch bei BMW seit der Corona-Pandemie am Steigen. Grundsätzlich sind die absoluten Umsatzerlöse bei Mercedes-Benz höher, jedoch sind die Wachstumsraten von BMW vor allem im Jahr 2022 um einiges stärker.
Bei Forschungsausgaben sind die Investitionen seitens Mercedes denen von BMW konstant um ca. 2 Mrd. Euro überlegen, wohingegen sich das EBIT trotz der höheren Umsätze von Mercedes im Jahr 2023 bei beiden Konzernen bei ungefähr 19 Mrd. Euro einpendelt. Der Free Cashflow hat sich nach einem ordentlichen Anstieg im Jahr 2022 auf alte Niveaus stabilisiert. Bei Mercedes bleibt jener in den vier Jahren stetig bei knapp 8 Mrd. Euro, bis 2023 11,3 Mrd. Euro zur Verfügung standen.

Grafik: Eigene Darstellung; Quelle: Mercedes- Benz Group; 2020-2023 Geschäftsbericht

Grafik: Eigene Darstellung; Quelle: BMW Group; 2020-2023 Geschäftsbericht
Zusammenfassung
Die Absätze zeigen wie schon in dem Quartalsvergleich von 2017 und 2024 starke Schwankungen. Nachdem Mercedes im Jahr 2020 über 2,5 Millionen Autos verkauft hat, ist der Pkw-Absatz in den darauffolgenden drei Jahren auf 2 Millionen gesunken. BMW hat in den Jahren 2021 und 2023 solide Absatzzahlen vorlegen können. Jedoch muss man kritisch betrachtet feststellen, dass die Absatzzahlen, wenn sie nicht sogar sinken, stagnieren. Der Anteil der elektrifizierten Fahrzeuge steigt bei beiden Automobilunternehmen an. Bei BMW ist das relative Wachstum stärker, jedoch hat Mercedes bei den absoluten Zahlen die Nase vorne.
Nachdem man einen größeren Zeitraum der letzten Jahre überblickt hat, ist das aktuelle Jahr 2024 vermutlich das Jahr, in welchem sich alle aufgestaute Energie der Unrealisierbarkeit geballt entlädt.
Der aktuellste und populärste Sachverhalt, wenngleich bei Weitem nicht der einzige, ist zweifellos das Drama rund um VW. Was zu sehen ist, sind noch massivere Absatzprobleme, nur fünfzig prozentige Kapazitätsauslastungen, nicht nur eine Sehnsucht, sondern viel mehr eine Notwendigkeit von Senkung der Kostenpunkte und die Gefahr, dass die Entlassungen zu einer fundamentalen Belastung des Arbeitsmarkts werden.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass die deutschen Automobilunternehmen in den letzten vier Jahren anhand der Beispiele von Mercedes-Benz und BMW zwar Umsatzwachstum verzeichnen konnten, die Absätze hingegen eine sehr schwach zu bezeichnende Performance hinlegten. Die gelungene Steigerung der BEV und PHEV Fahrzeuge implizierte einen logischerweise erhöhten Ausgabeposten in der Forschung und Entwicklung, welcher in dem gesamten Zeitraum konstant bestand. Aus den Bilanzen der beiden Autobauer ist zu schlussfolgern, dass die deutsche Automobilbranche in Zeiten, welche Verbrenner noch erlauben, wirtschaftlich solide dasteht, sich jedoch genau diese Zeiten ändern werden. Und das ist der entscheidende Punkt.
Denn beobachtet man aktuelle Geschehnisse kommen genau diese Zukunftsaussichten zum Ausdruck. VW erwägt in Deutschland befindliche Werke zu schließen, einst unmöglich scheinende Kündigungen in Betracht zu ziehen und insgesamt ein großes Sparprogramm in die Wege zu leiten, um den Konzern wieder auf Kurs zu bringen. Immense Elektroauto- Absatzschwächen bei Audi versinnbildlichen die Situation und befeuern die Hypothese, dass die E-Mobilität in Deutschland momentan schwierige Aussichten hat, in Zukunft zu bestehen.
Das Produktionsvolumen der deutschen Automobilindustrie war schon vor der Pandemie und der „Zeitenwende in der Krise: Dieselkrise, Halbleitermangel sowie Ukrainekrieg stellten nur eine zusätzliche Belastung dar. Man hat es wohl geschafft, sich nach der Corona-Krise zu stabilisieren. Die Zahlen zeigen jedoch übergreifend Stagnation und fehlende Konkurrenzfähigkeit. Zunehmende Konkurrenzunfähigkeit besteht aus zwei primären, in Verbindung stehenden Faktoren: Interne Innovationsschwierigkeiten innerhalb eines Marktes, wessen Teilnehmer entweder quantitativ oder qualitativ expandieren. Diese Fortschritte auf qualitativer und kostengünstiger Basis einzelner Marktteilnehmer lassen uns nun auf den nächsten Themenabschnitt blicken.
BYD- der Garant der günstigen E-Autos
Finanzzahlen BYD

Grafik: Eigene Darstellung; Quelle: Yahoo Finanzen BYDDY
Nach Betrachtung auf die deutschen Vorreiter der E-Mobilität, gilt es einen Blick auf den Marktführer werfen: BYD. Ausgeschrieben: Build Your Dreams. Die Finanzparameter EBIT, Free Cashflow und Forschungsaufgaben zeigen alle eine Richtung, nach oben. Aufgrund Energiekrise, damit verbundenen Problemen bei Nickel- und Lithiumangebot und den grundsätzlich höheren Kosten hat man Rückgänge bei dem operativen Ergebnis sowie dem freien Cashflow hinnehmen müssen. Die Forschungsaufgaben wurden hingegen stetig erhöht. Nachdem BYD 2022 auf ausschließliche Produktion von elektrischen Autos setzte, vervielfachten sich sowohl Forschungsausgaben als auch EBIT. Der Free Cashflow stieg ebenso.

Grafik: Eigene Darstellung; Quelle: Yahoo Finanzen BYDDY
Im Zeitraum von 2020 bis 2023 vervierfacht sich der Umsatz nahezu. Diese Vervierfachung ist zum einen natürlich der aufstrebenden Popularität und Notwendigkeit der „alt-neuen“ Technologie geschuldet, zum anderen aber auch der Niedrigpreisstruktur, welche andere Unternehmen nicht mal im Ansatz so skalieren könnten wie es BYD kann. Für das Absatzwachstum ist vermutlich nur das Wort „beeindruckend“ gerecht: 84%, 152% und 68% Wachstum zum Vorjahr.

Diese Absatzentwicklung führte dann im vierten Quartal 2023 zu dem Ablösen des bisherigen Weltmarktführers in puncto E-Autos: Mit einem globalen Verkauf von 526.409 BEV und PHEV Autos in Q4 überholt der chinesische Autohersteller das von Elon Musk geführte Unternehmen Tesla.

Innerhalb Chinas hat BYD diese Marktführung schon Monate zuvor errungen. Mit einem Absatz von über 1,1 Millionen EVs (electric vehicle) 2022 und über 1,8 Millionen EVs im Jahr 2023 besitzt BYD am Ende des vergangenen Jahres ein Market Share von 36,3% und überschattet jegliche Verfolger.
Strategie BYD
Nun stellt sich zurecht die Frage, wie eine solche Dominanz zustande kommen konnte und was BYD von anderen Anbietern so maßgeblich unterschiedet. Die Antwort ist mehrteilig:
Der erste und vermutlich auf Käuferseite wichtigste Punkt ist der Preis. Besonders hier kann mit der chinesischen Automarke kein Konkurrent vergleichbare Skalierungen vornehmen. Vergleicht man das Niedrigpreissegment-Auto „BYD Dolphin“, welches ab 32.000 Euro zu kaufen ist, mit einem vergleichbaren E-Auto eines deutschen Autokonzerns, werden Preisdifferenzen mehr als deutlich. Der Volkswagen ID.3 ist vom Gesamtpaket vergleichbar und kostet in der niedrigsten Ausstattungsklasse „Pure“ 4.000 Euro mehr. Bei dem Bedenken, dass der Grund für den Preisaufschlag bei mangelnder Qualität seitens BYD läge, hat ADAC im Oktober 2023 durch eine 5/5-Sterne-Bewertung im Crash-Test jegliche Zweifel an Qualitätsmängeln beseitigt. Der Dolphin verfügt über eine gleiche Leistung wie der ID.3, eine extrem langlebige und auf kleinsten Raum komprimierte LFP-Batterie sowie ein ansprechendes und schlichtes Design.
Vertikale Integration
Die geheime Zutat für eine solch günstige Absatzpolitik mit nachweisbar hohen Qualitätsstandards lautet vertikale Integration. Wohl kaum ein anderes Automobilunternehmen verfügt über eine so weitreichende Selbstfertigung wie BYD. Im Jahr 1995 gründete der Chemiker Wang Chuanfu einen Batteriehersteller für Handys in Buji Town. „Build Your Dreams“ war aber nicht umsonst Chuanfu´s Vision, sodass BYD im Januar 2003 zu BYD Auto wurde und sich von nun an die Königsdisziplin der Ingenieurskunst wagte. 2009 war es so weit und der F3DM betrat den Automarkt; BYDs erstes Hybridauto war komplett.
Das Unternehmen stand jedoch im Schatten der europäischen und vor allem deutschen Autobauer und die Integration in einen so konkurrenzfähigen Markt verwies BYD der Möglichkeit, national und global mitzuspielen. Doch mit der Dekarbonisierung kam auch die Elektrifizierung und jene sollte die Hauptrolle in der Automobilwelt spielen. BYD sowie andere chinesische Hersteller hatten in diesem Szenario einen ganz entscheidenden Vorteil: Sie hatten Jahrzehnte lange Erfahrung in puncto Elektrotechnologie. Vor allem BYD konnte kein Kontrahent mehr Erfahrung in der Batterieindustrie entgegenbringen, was bei dem Bau von BEV und PHEV-Pkws ein entscheidender Vorteil ist.
BYD produziert jetzt aber nicht nur eigene hochleistungsfähige Batterien für eigene E-Autos, sondern betreibt auch eigene Lithium-Minen, welche für die Fertigung dieser notwendig sind. Aber nicht nur der technische Hauptbestandteil des E-Autos wird in eigenen Händen gefertigt, sondern auch die gesamte Karosserie wird eigenständig von BYD erbaut. Auch Interieur und Bestandteile wie Sitze und Scheiben werden nicht fremdbezogen. Schlussendlich decken ca. 75% des chinesischen Autos eigene Bauteile, wohingegen laut Bloomberg nur knapp 35% des ID.3 von Volkswagen aus eigener Fertigung sind. Betrachtet man die Kostenstruktur eines E-Wagens und der damit einhergehenden Tatsache, dass ungefähr 1/3 des Preises die Batterie ausmacht, erschließen sich langsam aber sicher die so kostengünstigen Preise seitens des chinesischen Marktführers.
Der entscheidende Punkt dieser vertikalen Integration ist aber vermutlich nicht einmal die höhere Gewinnmarge, welche die Möglichkeit von Preissenkungen und sogenannten Preiskriegen impliziert, sondern vielmehr die Unabhängigkeit von Lieferanten. Denn primär Deutschland und die Europäische Union haben seit der Gründung eine massive globale Diversifizierung in Bezug auf Lieferketten angestrebt und umgesetzt. In Krisenzeiten wie der Corona-Pandemie ist deutlich geworden, dass diese Globalisierung verheerende Folgen haben kann. Ganze Industrien mussten zeitweise dicht machen. Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit und sämtliche Produktionsstopps sind das Resultat aus der Abhängigkeit der Vorlieferanten. Dieses Problem hat China, in diesem Beispiel verkörpert durch BYD, eben nicht.
Subventionsvorteile
Einen weiteren Vorteil bilden die kontrovers diskutierten chinesischen Subventionen. 2023 berichtete Bloomberg, dass die chinesische Regierung E-Autos mit insgesamt 30 Milliarden Dollar unterstützte, diese Subventionen sollen bis 2027 nochmal um ca. 100 Milliarden Dollar erhöht werden. Laut dem IfW Kiel sollen die Subventionen um das Drei- bis Neunfache höher sein als jene Unternehmenssubventionen, welche andere OECD-Nationen erteilen.

Besonders BYD wird staatlich sehr stark gefördert, was die Konkurrenzfähigkeit für andere Unternehmen massiv erschwert. 2020 beliefen sich die direkten Subventionsgelder auf 220 Millionen Euro, im Jahr darauf auf 2,1 Milliarden Euro. Das IfW aus Kiel berechnete, dass sich in Berücksichtigung auf den Umsatz der subventionsmäßige Anteil auf 3,5% beläuft.

BYD soll laut dem IfW auch eine erheblich höhere Anzahl an Kaufprämien als alle anderen inländischen Unternehmen erhalten.
Der letzte Punkt ist ein Unternehmensübergreifender: Löhne und Materialkosten. Diese sind nämlich deutlich günstiger als in Europa. Durch den geringeren Kostenfaktor haben somit alle Nationen, welche nicht so strengen Vorschriften in Bezug auf den Arbeitsmarkt unterliegen, einen massiven Vorteil und können schlussfolgernd höhere Gewinnmargen erzielen. Innovation und Fortschritt werden so erreichbarer und begünstigen zukünftige Marktstärke.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass die chinesische Regierung relativ zu anderen Nationen riesige Summen zur gezielten Subventionierung ausgewählter Unternehmen auftreibt und BYD ein großer Gewinner dieser Förderung von grünen Technologien ist. Die zunehmenden externen Hilfen stellen neben zweifellos hoch profitablen Geschäftsstrukturen und einer Marketing-Strategie, welche nicht nur durch die Anteilnahme an der EM 2024 auf sich aufmerksam machen konnte, eine grundlegende Stütze in dem Kampf um die Neuorientierung der erneuerbaren und emissionsfreien Industrielandschaft.