US-ANLEIHEN UNTER DRUCK- ZOLLCHAOS TREIBT KAPITALMARKTZINSEN IN DIE HÖHE

Die sogenannten „Liberation Day“-Zölle, die US-Präsident Trump vergangene Woche im Rosengarten des Weißen Hauses angekündigt hatte, sind heute Nacht um 00:01 Uhr in Kraft getreten. Seitdem wurden die Zölle auf chinesische Produkte noch einmal um 50 Prozent erhöht, da Peking bereits mit Gegenzöllen reagiert hat. Derzeit liegen die Zölle auf chinesische Importe demnach bei unglaublichen 104 %. Der Begriff „Liberation Day“ scheint von der US-Regierung bevorzugt zu werden – wohl auch, um den Begriff „reziproke Zölle“, der weniger positiv konnotiert ist, zu vermeiden.

Überraschungen über Nacht: Märkte reagieren uneinheitlich

Kurz nach Mitternacht stürzten die US-Aktienfutures um -2 bis -3 % ab, haben sich inzwischen aber wieder teilweise erholt. Der Nasdaq 100 liegt stellenweise sogar leicht im Plus. Die europäischen Aktienmärkte verzeichneten dagegen durchweg Verluste zwischen -2,5 und -3 %.

Quelle: @KobeissiLetter / X

Bemerkenswert: Chinesische ETFs (wie KWEB oder FXI) legten um über +5 % zu – eine überraschende Entwicklung angesichts der verschärften Zollmaßnahmen.

Anleihen im Fokus: Renditen schießen über Nacht in die Höhe

Das Hauptaugenmerk lag jedoch auf dem Anleihemarkt. In der Nacht schnellten die Renditen langlaufender US-Staatsanleihen stark nach oben. Die 30-jährige Anleihe überschritt zeitweise die 5 %-Marke, die 10-jährige stieg über 4,5 %. Aktuell liegt sie wieder bei 4,45 %.

Warum diese Bewegung? Große Verkaufsvolumina wurden in einer Phase geringer Liquidität umgesetzt – also zu einer Zeit, in der der Handel normalerweise ruhig ist. Das nährt Spekulationen, dass entweder gezielt ein Signal gesendet oder Stop-Loss-Marken ausgelöst werden sollten. Auch wenn der Kursanstieg auffällig war, wird er teilweise als künstlich erzeugt betrachtet.

Wer steckt hinter dem Druck auf US-Anleihen?

Eine Theorie ist, dass China oder andere Länder gezielt US-Staatsanleihen verkauft haben, um Druck auf Washington auszuüben. Diese These erscheint aber unwahrscheinlich, da große Marktteilnehmer normalerweise zu den regulären US-Handelszeiten agieren. Zentralbanken halten zudem vorwiegend Anleihen mit kürzeren Laufzeiten (unter fünf Jahren).

Quelle: @KobeissiLetter / X

Wahrscheinlicher ist, dass Hedgefonds sogenannte „Basis-Trades“ aufgelöst haben – also Positionen, bei denen langlaufende Anleihen gegen Zinsswaps gehalten werden. Solche Strategien sind besonders anfällig für plötzliche Marktbewegungen und führen zu automatisierten Verkäufen in illiquiden Handelsphasen. Die Beobachtung der Staatsanleihe-Kursbewegungen lässt auf dieses Szenario schließen.

Risikomärkte: Hoffnung auf Verhandlungen, aber große Vorsicht bleibt

Trotz allem hielten sich die Verluste an den Aktienmärkten in Grenzen – nicht zuletzt wegen Spekulationen über mögliche Stützungsmaßnahmen der Fed und Hinweise auf Verhandlungsbereitschaft von Drittstaaten. Trump erklärte in einer Rede, dass viele Länder regelrecht „um Deals betteln“ würden – nannte aber keine konkreten Beispiele. Dass es sich hier auch in gewissen Teilen um strategische Spielchen handelt, ist bekannt.

Tatsächlich könnten sich Handelsverhandlungen noch hinziehen. Da viele Waren bereits unterwegs oder in Lagerbeständen vorhanden sind, greifen die neuen Zölle in voller Härte wohl erst in einem Monat – ein Zeitfenster, das eventuell Raum für diplomatische Lösungen lassen könnte. Berücksichtigt man jedoch die Ideologie Trumps, so scheint ein Rückzieher derzeit nicht allzu wahrscheinlich.

Fazit: Extreme Vorsicht geboten

Die aktuelle Marktphase ist geprägt von Unsicherheit, Positionsanpassungen und potenziellen Korrelationsturbulenzen. Wenn Aktien und Anleihen gleichzeitig fallen, müssen Strategien, die auf stabilen Querverbindungen beruhen (z. B. 60/40-Portfolios oder Risk-Parity-Ansätze), Positionen abbauen – sogenanntes „De-Grossing“.

Auch wenn kurzfristig positive Impulse durch neue Verhandlungsrunden, eine Reaktion der Fed oder bessere Daten möglich sind, sollten risikofreudige Anlageklassen vermieden werden. Es gilt der Grundsatz, dass die Eigenkapitalkosten derzeit global steigen und somit auch das Insolvenzrisiko für finanziell unsolide Unternehmen. Schlussendlich überwiegt Unsicherheit und zögerliches, wenn nicht sogar ausbleibendes Investieren seitens der Wirtschaftsteilnehmer- ein solches Einfrieren ist neben den Zolleffekten Gift für eine funktionierende Marktwirtschaft.

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