In puncto Investieren dreht es sich immer und immer wieder um das Thema, wie man es schafft, den richtigen Ausstiegszeitpunkt zu erwischen, bevor eine Krise eintrifft. Aber was ist, wenn man ein Krise nicht etwa als ein schlechtes Szenario behandeln muss, sondern es einem die eigene Portfoliostrategie erlaubt, sie als systematische Möglichkeit zu nutzen, um eine Überrendite zu erzielen? Genau mit dem Thema des systematischen Investierens haben sich Dr. Andreas Beck und Dr. Gerd Kommer auseinandergesetzt.
Der Schlüsselfaktor – Kapitalkosten
Für das Verständnis ist die Tatsache wichtig, dass die Renditen für die Anleger die Kapitalkosten für die Unternehmen darstellen. Wenn ein Unternehmen eine Anleihe ausgibt, zahlt es Zinsen an die Anleihegläubiger. Diese Zinsen sind für die Anleger die Rendite, während sie für das Unternehmen Kapitalkosten darstellen, da es das geliehene Geld nutzen muss. Ähnlich verhält es sich bei Aktien: Das Unternehmen erhält Kapital von Aktionären, die im Gegenzug Dividenden oder Kurssteigerungen erwarten. Diese Erträge sind die Rendite der Aktionäre und gleichzeitig die Kapitalkosten des Unternehmens, da es die Aktionäre für ihr bereitgestelltes Kapital entschädigen muss. Das bedeutet, dass der Aktienkurs, der an der Börse durch Handel entsteht, die Bedingungen widerspiegelt, zu denen ein Unternehmen neues Eigenkapital beschaffen kann.
Unternehmen streben stets danach, ihre Kapitalkosten zu minimieren. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass hohe Aktienkurse günstige Voraussetzungen für die Emission neuer Aktien schaffen, da das Unternehmen bei gleicher Kapitalaufnahme weniger Anteile ausgeben muss. Dadurch wird die Verwässerung bestehender Aktien minimiert. Umgekehrt wird bei niedrigen Aktienkursen oft die Ausgabe von Anleihen bevorzugt, da die Eigenkapitalfinanzierung unter solchen Bedingungen relativ kostenintensiv ist.
Systematisches vs. unsystematisches
Investieren
Das systematische Investieren zielt schlussendlich darauf ab, dass der Markt funktioniert. Denn die Renditen von Wertpapieren bilden im Gesamten die Kapitalkosten der Unternehmen ab, womit jene transparent und nicht nach Belieben anfallen. So macht man sich beim systematischen Investieren grundsätzliche Marktmechanismen zunutze, ohne einen Wissensvorsprung vorauszusetzen.
Anders sieht es beim unsystematischen Investieren aus. Hier geht man davon aus, dass sich der Markt irrt und die Kapitalkosten in Wirklichkeit höher oder niedriger sein müssten- diese Wissensanmaßung ist jedoch auf verschiedenen Ebenen widersinnig.
Die Kette des Marktes
Bevor wir uns nun der Strategie des systematischen Investierens widmen und die Rolle der Kapitalkosten in Bezug auf eine Überrendite in Krisenzeiten verstehen, kümmern wir uns um die bestehenden Mechanismen, welche dem Markt zugrunde liegen.
Dr. Andreas Beck beschreibt, dass der Finanzmarkt relativ zur Marktrendite ein „Nullsummenspiel“ ist. Was er damit meint, ist der Umverteilungseffekt: Ein Unternehmen verzeichnet Milliarden-Gewinne, was bedeutet, Andere müssen in der Summe Milliarden verlieren.
Nun gibt es eine bestimmte Kette von Akteuren, welche hinter einer Geldanlage stehen. Das erste Glied der Kette befindet sich ausnahmslos immer in der Realwirtschaft. Wenn nun ein Akteur in der Realwirtschaft eine Unternehmung oder Investition tätigt, wofür er noch nicht die finanziellen Mittel zur Verfügung hat, dann sucht er Kapitalgeber, welchen er finanzielle Anreize bieten muss.
Demnach besitzen Wertpapiere nicht etwa den Sinn, Anlegern Renditemöglichkeiten zu bieten, sondern primär Unternehmer aus der Realwirtschaft mit Liquidität zu versorgen. Für den Verzicht, das Geld selbst zu verwenden, sowie das Risiko, das Geld im Falle einer Insolvenz komplett zu verlieren, wird der Kapitalgeber (Anleger) mit einer bestimmten Prämie (Rendite) entschädigt.
Das problem mit Anlageprodukten
Wenn ein Anleger nun in Anlageprodukte investieren möchte, welche diversifiziert sind und es ermöglichen, mit geringem Kapitaleinsatz von vielen verschiedenen Wertpapieren zu profitieren, gibt es ein Problem – die abgegriffenen Schachtelgebühren.
Es gibt zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Buches „Erfolgreich wissenschaftlich investieren“ von Dr. Andreas Beck ca. 8.000 liquide an der Börse notierten Kapitalgesellschaften. Dem gegenüber stehen 150.000 Aktienfonds und viele Millionen verschiedene andere Anlageprodukte. Dieses Verhältnis ist die Evidenz dafür, dass die vorliegende Komplexität als Instrument dient, möglichst viele Parteien am gleichen Geschäftsvorfall, verdienen zu lassen. Da es keine zusätzlichen relativen Marktrenditen gibt, ist der Verlierer der Kleinanleger. Wenn dieser sich also naiv zeigt, wird ein nicht geringer Teil der durch das Anlageprodukt abgebildeten Erträge einfach durchs Netz gehen- die Renditereduzierung ist in Bezug auf den Zinseszinseffekt nicht zu unterschätzen.
Die Welt-AG
Andreas Beck begründet das unsystematische Investieren in einzelne Aktien oder Branchen wie folgt: Der Kauf von Aktien eines einzelnen Unternehmens ist seiner Meinung nach eher spekulativ, da man darauf wettet, dass der aktuelle Börsenkurs und demnach auch die Kapitalkosten des Unternehmen zu niedrig sind. Professionelle Marktteilnehmer mit spezialisierten Tools beseitigen solche Fehlbewertungen jedoch in Sekunden, weshalb es für Privatanleger nahezu unmöglich ist, dauerhaft davon zu profitieren. Stattdessen bietet die Investition in die „Welt AG“ – also ein breit diversifiziertes Portfolio, das die gesamte Weltwirtschaft abbildet – langfristige Sicherheit. Die „Welt AG“ ist ausfallsicher und stets profitabel, da sie nicht von der Entwicklung einzelner Unternehmen abhängt.
Blicken wir mit einem Auge auf den Mechanismus des Umverteilungsprinzip und lass uns verstehen, wie wir ihn uns zunutze machen können. Denn wenn Kapital einfach nur umgeschichtet wird, ist es im Falle eines Investments in die gesamte Welt völlig egal, wer nun gewinnt oder verliert. Man sammelt die durchschnittliche Eigenkapitalrendite der globalen Unternehmen von 7–9 % pro Jahr ohne Wissensvorsprung ein. Mit dem Zinseszinseffekt erreicht man schon nach 10-15 Jahren eine Verdopplung des Vermögens.
Man müsste nicht versuchen, früher als der Markt Trends zu erkennen, sondern einzig und allein zusehen, wie die Einen gewinnen und die Anderen verlieren. Natürlich gibt es auch hier noch einige Möglichkeiten bzw. Ansatzpunkte der Gewichtung- dazu später mehr.
Dynamische und statische Systeme
In der Modernen Portfoliotheorie wird das Portfoliomanagement, genauso wie die Wirtschaft im Allgemeinen, als Optimierungsproblem in einer statischen Umgebung dargestellt. Man geht also von einer direkten Beziehung zwischen Input und Output aus. Wenn man also den Input kennt, dann ist durch die kausal vorausgesetzte Beziehung auch der Output bekannt- man bewegt sich in einem gleichen, statischen System, in welchem alleinig die Variable geändert wird.

Quelle: Erfolgreich-Wissenschaftlich-Investieren (S. 35), Dr. Andreas Beck
Das Problem ist, dass in Krisen kein Unternehmer nach statischen Modellen handeln würde und auf ein „altes System“ setzt. Krisen sind Transformatoren, welche unter extremen Bedingungen, schnelle Veränderungen und Anpassungen erfordern- mit dem Hintergrundwissen, dass der Akteur der Realwirtschaft das erste Glied in der Kette ist, ist die statische Betrachtung nicht praxistauglich.

Quelle: Erfolgreich-Wissenschaftlich-Investieren (S. 39), Dr. Andreas Beck
Statt einer „Trivialen Maschine“, welche einer statischen Umgebung zugrunde liegt, ist die Wirtschaft und somit auch das Portfoliomanagement viel mehr eine Nicht-Triviale Maschine (Heinz von Foerster). Diese kennt keine monokausalen Prozesse. Verändert man also einen Parameter des Systems, so entsteht ein neuer Zustand (Umgebung). Es gibt keinen Zusammenhang zwischen Input und Output, denn mit jeder Veränderung des Systems verändert sich die gesamte Dynamik. Dieses selbst lernende System beschreibt die Wirtschaft, in welcher neues Wissen und Innovationen zu einer komplett neuen Grundlage führen. Die stetigen Veränderungen machen es unmöglich, langfristige Prognosen zu treffen.
Schaut man auf Modellportfolios, so werden immer wieder historische Kennzahlen und Krisenperformances aufgegriffen. Diese Herangehensweise impliziert die Annahme, dass die Wirtschaft eine statische Maschine ist und demnach ein Unternehmen, das in der Vergangenheit krisenresilient gewesen ist, auch in der Zukunft bestehen wird. Die Wirtschaft ist hingegen dynamisch und wird laufend durch verschiedene externe und interne Faktoren verändert. Es ist also nicht möglich, die historische Rendite zu kaufen.
In Krisen investieren
Mit der Annahme, dass die Wirtschaft ein Nicht-Triviales-System darstellt, kann man sich eine Krise zum Vorteil machen.
Es ist schlichtweg nicht möglich, dass die globale Wirtschaft im Gesamten insolvent geht. Theoretisch ist es möglich, dass das Finanzsystem und somit die globale Wirtschaft für einen gewissen Zeitraum kollabiert oder funktionsunfähig ist (auch, wenn dieses Szenario ebenfalls unwahrscheinlich ist), auf mittel- bzw. langfristige Sicht werden jedoch immer irgendwelche Unternehmer eine Lösung finden und es schaffen, sich anzupassen.
Und genau das ist der Punkt, wo Dr. Andreas Beck ansetzt: Eine Krise hat einen zentralen Charakterzug- es kommt zu einer Störung, weshalb Investoren nicht mehr dazu bereit sind, den Unternehmen zu den bisherigen Konditionen Kapital zur Verfügung zu stellen.
Nun steigen die Kapitalkosten der Unternehmen systematisch an, was dazu führt, dass nur die Unternehmen überleben, welche es schaffen sich in dem Nicht-Trivialen-System anzupassen. Wer es nicht schafft, geht insolvent und scheidet somit aus dem Markt aus. Für die überlebenden Unternehmen ist die Schlussfolgerung, dass diese gestärkt aus der Krise heraus gehen- die Krise ist also nichts anderes als ein Anpassungsprozess, in welchem nur die zukunftstauglichen Unternehmen bestehen.
Es kommt wieder zu einer Umverteilung von Ressourcen, bei der ineffiziente Strukturen durch effizientere ersetzt werden. Die Weltwirtschaft passt sich kontinuierlich an, wodurch ihre Gesamtstabilität erhalten bleibt. Dadurch bleibt sie langfristig eine verlässliche Quelle für Renditen, unabhängig von kurzfristigen Schwankungen oder Insolvenzen einzelner Akteure. Das nennt der Mathematiker Nassim Taleb das Prinzip der „Antifragilität“ bzw. der „Ultrastabilität“.
Krisen und Kapitalkosten
Nun haben wir erstmal die Seite der Unternehmen in Krisenzeiten betrachtet, aber auch für uns als Anleger bedeutet eine Krise eine Chance, gestärkt hervorzugehen. Ich verweise auf den Schnittpunkt aller Krisen: „Es kommt zu einer Störung, weshalb Investoren nicht mehr dazu bereit sind, den Unternehmen zu den bisherigen Konditionen Kapital zur Verfügung zu stellen.“
Krisen bzw. Anpassungen kosten Geld. Deswegen sind nun die Unternehmen, welche es schaffen, Eigenkapital aufzutreiben und so Liquidität zu erhalten, die Gewinner. Im Gegenzug, dass der Anleger dem Unternehmen Liquidität in solch risikoreichen Zeiten zur Verfügung stellt, muss das Unternehmen dem Anleger entschädigen- bei Anleihen (Fremdkapital) sind das hohe Zinsen, bei Aktien (Eigenkapital) hohe Kurspotentiale. In beiden Fällen geht der Anleger das Risiko ein, sein eingesetztes Kapital durch eine Insolvenz teils oder vollständig zu verlieren.
Wenn wir nun jedoch in die gesamte Wirtschaft- die Welt AG- investieren und in Krisen zu überdurchschnittlich günstigen Konditionen Liquidität zur Verfügung stellen, werden wir von Nassim Talebs Prinzip der Ultrastabilität profitieren. Manche Unternehmen gehen pleite, die anderen Unternehmen überleben und gehen gestärkt hervor, neue Unternehmen betreten den Markt. Dadurch, dass wir in alle investiert sind, können wir in Zeiten der Angst ohne Bedenken durch das Verstetigen des Zinseszins eine Überrendite erzielen.
Systematisches Investieren – Strategie
In dem Buch von Dr. Andreas Beck beschreibt er drei verschiedene Regimes:
A – „Normal“ (Risikokapitalkosten der „Welt AG“ sind auf Normalniveau): 80% „Welt AG“ / 20% Investitionsreserve
B – „Eigenkapitalknappheit“ (Risikokapitalkosten der „Welt AG“ sind deutlich erhöht): 90% „Welt AG“ / 10% Investitionsreserve
C – „Eskalation der Eigenkapitalknappheit“ (Risikokapitalkosten der „Welt AG“ sind extrem hoch): 100% „Welt AG“
Regime A beschreibt also den Normalzustand des Portfolios, welcher klassisch eine Aktienquote von 80% und eine Investitionsreserve von 20% hält. Die Regime B und C werden von folgenden Marktfaktoren abhängig gemacht.
A→B – Aktienmarktverlust zum Dreijahreshoch > 20%, Sprunghafte Erhöhung der Volatilität am Aktienmarkt, Ausweitung der Risikoprämien bei Unternehmensanleihen
B→C – Aktienmarktverlust seit Regimewechsel A→B oder C→B > 25% (Ausgehend vom Dreijahreshoch befindet sich das Aktienportfolio somit nach den Regimewechseln A→B und B→C zu 40% im Verlust (0,80 x 0,75 = 0,60).), Eskalation der Risikoprämien bei Unternehmensanleihen
C→B – Aktiengewinn zum Dreijahrestief > 50%, Beruhigung der Volatilität am Aktienmarkt und der Risikoprämien am Anleihemarkt
B→A – Aktienmarktgewinn seit Regimewechsel A→B oder C→B > 25%, Rückkehr der Volatilität und der Risikoprämien zum langfristigen Mittel
Das sind die von Andreas Beck beschriebenen „Regeln“, anhand derer man sich nun sein eigenes krisenfestes, systematisches Portfolio aufbauen kann. Wichtig ist es bei der Auswahl der „Welt AG“, ein oder mehrere größtmöglich physisch replizierende ETFs auszuwählen. Bezüglich der Investitionsreserve liegt bei dem Mathematiker und Portfoliomanager der Schwerpunkt in Inflationsindexierten Euro Staatsanleihen, Schweizer Staatsanleihen und Gold. Diese können dann je nach Regime umgeschichtete werden.
Beispiel-Portfolio

Quelle: Erfolgreich-Wissenschaftlich-Investieren (S. 57), Dr. Andreas Beck
Als ein sehr simples Beispielportfolio hat Dr. Beck die oben vier genannten Bausteine vorgeschlagen. Somit soll mittels geringer TER (Total Expense Ratio) ein langfristiges ultrastabiles Portfolio garantiert sein, mit welchem es jedem Anleger möglich ist, systematisch Krisen für sich zu nutzen.
Momentan befindet sich das GlobalOne-Portfolio in dem „Normal“-Regime. Wenn Sie direkt in Dr. Andreas Becks GPO investieren wollen, klicken Sie auf den folgenden Link:
https://globalportfolio-one.com
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