Am vergangenen Tag wendete sich Isabel Schnabel, Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank (EZB), in ihrer Rede an der Bayes Business School mal etwas anders an die Damen und Herren. Sie betont nämlich die zentrale Bedeutung finanzieller Bildung – nicht nur für die individuelle finanzielle Sicherheit, sondern auch für die Wirksamkeit der Geldpolitik.

Quelle: @ecb / X
Finanzielle Bildung fehlt und warum sie wichtig ist
Trotz der Tatsache, dass über 90 % der Befragten die EZB kennen, wissen nur 43 %, dass ihre Hauptaufgabe darin besteht, Preisstabilität zu gewährleisten. Diese Wissenslücke ist Ausdruck eines weit verbreiteten Mangels an finanzieller Bildung, also der Fähigkeit, grundlegende finanzielle Konzepte zu verstehen und im Alltag anzuwenden.
Schnabel argumentiert, dass finanzielle Bildung einen direkten Einfluss auf die Transmission geldpolitischer Maßnahmen hat. Finanziell gebildete Menschen reagieren stärker auf Zinsänderungen, sind risikobereiter und bilden ihre Inflationserwartungen vorausschauender. Dadurch wird die Geldpolitik wirksamer, da die Bevölkerung bewusster auf geldpolitische Impulse reagiert. Eine höhere finanzielle Bildung kann somit dazu beitragen, die sogenannten Opferkosten – also den wirtschaftlichen Preis zur Eindämmung der Inflation – zu senken.
Allerdings zeigt sich eine erhebliche Ungleichheit in der finanziellen Bildung. Junge Menschen, Frauen, einkommensschwache Haushalte sowie Personen mit niedrigerem Bildungsgrad weisen durchschnittlich geringere finanzielle Kenntnisse auf. Zudem gibt es deutliche Unterschiede zwischen den europäischen Ländern.
Die Auswirkungen
Die Auswirkungen dieser Wissenslücken sind vielfältig: Finanziell gebildete Haushalte achten stärker auf Zinsentwicklungen und passen ihr Spar- und Konsumverhalten entsprechend an. Sie neigen eher dazu, in risikoreichere Anlageformen wie Aktien zu investieren, was die Wirkung geldpolitischer Maßnahmen über den sogenannten Risiko-Kanal verstärkt. Zudem zeigen Studien, dass finanziell gebildete Menschen ihre Inflationserwartungen realistischer und stärker zukunftsorientiert anpassen, was wiederum die Wirksamkeit geldpolitischer Maßnahmen erhöht und die Glaubwürdigkeit der Notenbank stärkt.
Darüber hinaus beeinflusst finanzielle Bildung das Vertrauen der Bevölkerung in die Zentralbank. Während finanziell gebildete Haushalte in der Phase steigender Zinsen und sinkender Inflation ihr Vertrauen in die Fähigkeit der EZB zur Wahrung der Preisstabilität erhöhten, sank dieses Vertrauen bei weniger gebildeten Haushalten weiter.
Zentralbanken sollen intervenieren
Vor diesem Hintergrund unterstreicht Schnabel die Verantwortung der Zentralbanken, finanzielle Bildung zu fördern. Die EZB engagiert sich deshalb stärker in der Kommunikation mit der breiten Öffentlichkeit, unter anderem durch leicht verständliche Erklärformate, Podcasts und Initiativen wie „Espresso Economics“. Außerdem arbeitet die EZB gemeinsam mit nationalen Zentralbanken daran, insbesondere die finanzielle Bildung von Frauen zu stärken und europaweit harmonisierte Daten zu erheben.
Finanzielle Bildung ist laut Schnabel auch eine wichtige Grundlage für die geplante europäische Kapitalmarktunion, da besser informierte Bürger eher bereit sind, in Kapitalmärkte zu investieren und damit den notwendigen Wandel zur grünen und digitalen Wirtschaft zu unterstützen.

Abschließend verweist Schnabel auf Benjamin Franklin, der sagte: „Eine Investition in Wissen bringt immer noch die besten Zinsen.“ Finanzielle Bildung sei eine solche Investition – sowohl für den Einzelnen als auch für die Gesellschaft als Ganzes.
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