MARKTUPDATE/ANALYSE: ARBEITSMARKTDATEN CRASHEN ZINSSENKUNGS-NARRATIV

Marktupdate

Marktupdate: Die Aktienrallye im Jahr 2024 war durch zwei primäre Faktoren getrieben- KI-Boom und Zinssenkungshoffnungen. Auch wenn im späteren Verlauf noch der Trump-Hype für Aufschwung sorgte, ist nun ein fundamentales Standbein der steigenden Kurse verloren gegangen. Ist es nur ein kleiner Rücksetzer oder der Anfang eines Bärenmarktes? In dem heutigen Marktupdate finden Sie einen kurzen Überblick über die aktuelle Gemengelage.

Marktupdate – USA

Am gestrigen Freitag sahen wir einen starken Abverkauf der amerikanischen Indizes. Der DowJones sowie der Nasdaq schlossen mit einem Minus von -1,63%, der S&P500 mit -1,54% und der Russel 2000 mit deutlich über -2%. Der Volatilitätsindex VIX stieg über 8 Prozent an.

Der Grund waren die deutlich stärker als erwartet ausgefallenen Arbeitsmarktdaten aus den USA. Die Non-Farm Payrolls lagen mit 256K knapp 100 Tausend Stellen über den Erwartungen und die Arbeitslosenquote sank um 0,1 Prozentpunkte auf 4,1%. Für die Wallstreet bedeutete das konkret, dass die Fed die Zinsen in naher Zukunft vermutlich nicht senken wird. Die Zinssenkungshoffnungen waren in den vergangenen 12 Monaten einer der Treiber der Aktienmarktrallye.

Quelle: @KobeissiLetter / X

Der S&P 500 verzeichnete gestern also eine Pulverisierung von knapp 800 Milliarden USD. Somit steht der Leitindex 4,5% unter dem im Dezember gesehenen Rekordhoch.

Am Chart sehen wir nun ein Durchbrechen der 5.880 USD nach unten und ein Widerstand beim 0,236 Fib-Retracement (2.800 USD). Somit hat der SPX kurzfristig mechanische Unterstützung. Das Problem des wegfallenden Narrativs dürfte nichts desto trotz weiterhin bestehen bleiben.

Market Mover

Mit einem Kursverlust von 3,00% ist Nvidia der voluminöse Antreiber des DowJones. Insgesamt sahen wir einen systematischen Abverkauf in allen Branchen- nur DJ Oil&Gas, S&P500 Energy sowie die S&P500 Materials konnten sich leicht im Plus halten.

Marktupdate – USD

Der USD (DXY) legte trivialer Weise weiter zu- kurzfristig kratzte man sogar an den 110 Punkten. Mit einem Tagesplus von +0,44% schloss man zum Wochenende bei 109,640 USD.

Der EUR kam noch stärker unter Druck- Kurs bei 1,0239. Damit fehlen nun lediglich 2,30% zur Dollar-Parität. Von dem weiter abschwächenden Euro profitierten die exportgetriebenen Unternehmen in der Eurozone.

Seit der 100 Basispunkt-Zinssenkung, welche im September begann, legten die 10-Jährigen US-Staatsanleiherenditen um über 116 Basispunkte zu. Diese überproportionale Entwicklung der Kapitalmarktzinsen bedeutet für die Aktienmärkte im Klartext: Geld und somit Liquidität werden teurer.

Um die Treiber der sinkenden US-Anleihekurse zu verstehen, lohnt es sich, einen Blick auf unseren gestern veröffentlichten Beitrag (GOLD AUF REKORDSTÄNDEN TROTZ UNGEMEIN HOHER KAPITALMARKTZINSEN – EIN ZEICHEN? – EconomyGlobal) zu werfen. Bisher sind die Anleiherenditen relativ positiv mit den Aktienkursen korreliert- nun scheint jedoch eine kritische Marke erreicht zu sein, welche die Wallstreet nicht mehr ohne Weiteres ignorieren kann:

Quelle: @zerohedge / X

Schon vor einigen Tagen warnte Goldman davor, dass es kritisch werde, wenn die Kapitalmarktzinsen um zwei Standardabweichungen steigen. Nun sind wir aufgrund des neusten Anstieges bereits 2 Basispunkte über der kritischen Marke- die Märkte haben definitiv reagiert.

Quelle: @zerohedge / X

Quelle: @NickTimiraos / X

Hinzu kommt, dass die Bank of America nun nicht mal mehr eine Zinssenkung im Jahr 2025 erwartet und die Wahrscheinlichkeit für wieder steigende Zinsen höher einschätzt als die fallender Zinsen. Das ist zum einen auf die per Daten „solide Arbeitsmarktlage“ zurückzuführen, zum anderen auf die wieder reale Gefahr ansteigender Inflation (siehe ISM-Daten und Uni Michigan Verbrauchervertrauen). Besonders die anstehenden Trump-Zölle werden zunehmend mit Vorsicht betrachtet.

Marktupdate – Europa

Nach Europa ist die US-Stimmung ebenfalls, jedoch noch im moderaten Bereich übergeschwappt. Der DAX verlor einen halben Prozentpunkt und liegt somit immer noch einigermaßen deutlich über den 20.000 Punkten. Der MDAX sowie der SDAX büßten mit Verlusten über -0,80% etwas stärker ein, der TexDAX notierte hingegen sogar mit +0,33% im Plus. Der Euro Stoxx 50 litt gestern unter dem starken Dollar und verlor ebenfalls -0,82%- somit notiert dieser wieder unter den 5.000 Punkten.

Im Minutenchart des DAX ist nochmal gut zu sehen, dass der DAX nach der Veröffentlichung der amerikanischen Wirtschaftsdaten (14.30 MEZ: starke Arbeitsmarktdaten; 16.00 MEZ: deutlich höhere Inflationserwartungen) wegen des Dollar-Anstieg ins Minus drehte.

Market Mover

Die Aktien von Mercedes-Benz (MBG) verzeichneten am Freitag einen deutlichen Kursanstieg von 2,4 % und führten sowohl den DAX als auch den europäischen Autosektor an. Trotz eines Rückgangs der Fahrzeugverkäufe im vergangenen Jahr scheint diese Schwäche bereits im Kurs eingepreist zu sein. Der europäische Autosektor legte gestern insgesamt um 0,6 % zu und befindet sich somit auf der Gewinnerseite.

Die Automobilbranche hatte 2024 ein schwieriges Jahr, insbesondere in China, und wurde zuletzt durch Ankündigungen von Donald Trump über mögliche US-Importzölle belastet. Analyst Jose Asumendi von JPMorgan sieht die zukünftigen Margen als entscheidend an und erwartet für 2025 eine Spanne von 6–8 %. Mercedes-Benz solle demnach eine Prognose von 8 % anstreben, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Die nächsten Quartalszahlen am 20. Februar werden als wichtiger Indikator angesehen. Asumendi bewertet die Aktie weiterhin mit „Overweight“ und einem Kursziel von 68 Euro.

Marktupdate – Rohstoffe

Gold war die ganz große Überraschung. Im Regelfall gibt es hier ganz klare marktinterne divergente Mechanismen. Wenn der USD steigt, sinkt die Nachfrage ausländischer Investoren; steigende Anleiherenditen, welche festverzinste Staatspapiere attraktiver machen, mindern das Kaufinteresse an Gold. Gestern kam es hingegen zu einem starken Anstieg des Edelmetalls- in unserem Beitrag „GOLD AUF REKORDSTÄNDEN TROTZ UNGEMEIN HOHER KAPITALMARKTZINSEN – EIN ZEICHEN? – EconomyGlobal“ haben wir erläutert, dass der Goldpreis nun vermutlich nicht mehr von Zinssenkungshoffnungen getrieben sein wird. Der Preis dürfte die zukünftigen Bewegungen nun basierend von dem weiteren Kaufinteresse von Zentralbanken, welche Diversifikation und systematische Abverkäufe des Dollars und amerikanischer Staatspapiere anstreben, sowie anfachender Inflation abhängig machen.

Die Ölpreise sind am Freitag ebenfalls deutlich gestiegen, unterstützt durch neue US-Sanktionen gegen den russischen Energiesektor, die zwei große Ölkonzerne betreffen. Ein Barrel Brent kostete am Nachmittag zwischenzeitlich 78,80 US-Dollar, während WTI bei 75,75 US-Dollar lag. Seit Ende Dezember steigen die Ölpreise kontinuierlich, was auf die Sanktionen, ein kälteres Winterwetter und eine geringere Fördermenge Russlands zurückgeführt wird. Zudem bestehen derzeit Sorgen über mögliche Spannungen mit dem Iran, die die Versorgungssicherheit beeinträchtigen könnten.

Marktupdate – Bitcoin

Unter Druck kam diese Woche der Bitcoin. Mit einem Durchbrechen der 100.000 USD-Marke zu Beginn der Woche, rutschte der Kurs auf aktuell knapp 95.000 USD.

Spannend ist der Kursrutsch in Bezug auf die Rolle der Miner: Die Einnahmen der Miner wurden aus Transaktionsgebühren und Blockbelohnungen auf 398,20 BTC gedrückt. Das ist ein Rückgang von 24 % in einer Woche. Sinkende Miner-Einnahmen und Verkaufsdruck könnten den Kurs unter die wichtige Marke von 90.000 USD drücken, mit einem möglichen Tief bei 85.224 USD, so BeinCrypto.

Quelle: BeinCrypto

Weitere Risiken stellen vereinzelte Meldungen aus den USA dar. Demnach gab die US-Regierung grünes Licht für die Liquidation von 69.000 BTC- wenn dies eintreffen sollte, würde es einen Mittelabfluss von knapp 6,5 Milliarden USD geben.

Quelle: @kendrickcmz / X

Fazit – Marktupdate

Zusammenfassend ist zu sagen, dass es ein reines Spiel mit dem Feuer ist- die Märkte tanzen auf der Rasierklinge. Die starke Marktreaktion dürfte sich in der nächsten Woche vermutlich nicht ohne Weiteres mit der gleichen Dynamik fortsetzen, jedoch definitiv zu einer systematische Veränderung in der Marktbetrachtung geführt haben. Es sind schlussendlich drei Parameter: KI-Boom, die Fed und Donald Trump. Alle drei Variablen wurden bis dato jederzeit als positiv angesehen und interpretiert. KI solle die Unternehmenszahlen in die Höhe katapultieren und die Arbeitswelt revolutionieren, die Zinssenkungen werden zu einem Investitionsaufschwung führen und für zusätzliche Liquidität sorgen und Trump solle Amerika wieder zu altem Wohlstand verhelfen.

Es ist nicht nur der Wegfall der Zinssenkungshoffnung, sondern viel mehr das Risiko, dass auch die anderen beiden Narrative in naher Zukunft scheitern könnten. Die nächsten Quartalsberichte liegen utopischen Erwartungen zugrunde; abgesehen davon stehen die Investitionen in KI noch in keiner Weise in gesunder Relation mit den daraus resultierenden Erträgen. Die Index-Gewichtung des Tech-Sektors birgt bei Enttäuschungen ein riesiges Abwärtspotential. Und dann gibt es noch Donald Trump, welcher vor der Aufgabe steht, mit einem riesigen Schuldenberg eine von ihm angekündigte wirtschaftliche und sozialpolitische „Revolution“ zu vollziehen. Dabei ist sein Denkansatz, dass Zölle zu Wohlstand führen werden, makroökonomisch stark anzuzweifeln und in vielen seiner Aussagen zu widerlegen.

Kollaps oder Bärenmarkt?

Bedeutet das nun, ein riesiger Crash steht uns bevor? Vermutlich nein. Wir gehen viel mehr von einer andauernden Entladung aus- in jedem Fall zu erhöhter Volatilität. In unserem Beitrag „SYSTEMATISCHES INVESTIEREN – KEINE ANGST MEHR VOR DER KRISE – EconomyGlobal“ sprachen wir davon, dass die Wirtschaft und der Markt ein Nicht-Triviales System sind. Nur weil die aktuellen Bewertungen in der Vergangenheit zu Kollapsen geführt haben, bedeutet das nicht, dass es in der Gegenwart genauso eintrifft- das System ist dynamisch und befindet sich andauernd in einem Prozess der Anpassung. Es ist dennoch so, dass die aktuellen Bewertung nicht nur fernab jeglicher gegenwärtigen Realzustände liegen, sondern auch die Zukunftsaussichten- welche von der Börse gehandelt werden- immer weniger Rationalität aufweisen. Es ist schlichtweg ein viel zu großes wunschdenkendes, sicherlich auch aufgeblasenes Auseinanderlaufen von dem Kapitalmarkt und der Wirklichkeit.

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