SO SIEHT DER NEUE KOALITIONSVERTRAG AUS

Die neue Koalition aus CDU, CSU und SPD stellte sich am gestrigen Mittwoch vor die Kameras und verkündete die erfolgreiche Schaffung eines neuen Koalitionsvertrages. Die nächste Legislaturperiode ist so wichtig wie schon lange nicht mehr. Die Corona-Pandemie, der Krieg in der Ukraine und ein allgemeines Umdenken in verschiedenen transatlantischen Politikbereichen betraf nicht etwa nur Deutschland, sondern die ganze Welt. KI, der Klimawandel und hohe Inflationsraten waren im Fokus globaler Herausforderungen. Der kleine, aber feine Unterschied ist, dass der Großteil der Nationen diese erfolgreich hinter sich lassen konnte. Deutschland hingegen steht noch immer in einer „selbstgemachten“, strukturellen Krise fest und tritt bestenfalls auf der selben Stelle wie noch vor 5 Jahren.

Der neue Koalitionsvertrag plant nun eine Vielzahl finanzieller Entlastungen für Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen – insgesamt könnten diese laut dem Institut der deutschen Wirtschaft in den kommenden Jahren einen mittleren zweistelligen Milliardenbetrag betragen. Allerdings stehen alle Maßnahmen unter Finanzierungsvorbehalt. Einen genauen Überblick sowie erste Diskussionspunkte finden Sie in diesem Beitrag von EconomyGlobal.

Das soll Schwarz-Rot beschlossen haben

Bei der Einkommenssteuer ist bis dato noch vieles unklar: Eine Reform soll kleine und mittlere Einkommen ab etwa 2027 entlasten, Details fehlen jedoch. Steuererhöhungen für Gutverdienende, wie von der SPD gefordert, sind nicht vorgesehen. Der Solidaritätszuschlag bleibt für hohe Einkommen und Unternehmen bestehen.

Die Pendlerpauschale wird ab 2026 auf 38 Cent pro Kilometer ab dem ersten Kilometer erhöht, was alle Pendler entlastet – unabhängig vom genutzten Verkehrsmittel.
Für Kinder und Jugendliche wird ab Anfang 2026 eine sogenannte „Frühstart-Rente“ eingeführt: Für Schüler und Schülerinnen fließen monatlich zehn Euro in ein privat organisiertes Altersvorsorgekonto, dessen Erträge bis zum Renteneintritt steuerfrei bleiben.

Das Rentenniveau wird bis 2031 bei 48 Prozent gesichert. Zusätzlich wird eine „Aktivrente“ eingeführt: Wer freiwillig über das Rentenalter hinaus arbeitet, darf bis zu 2.000 Euro monatlich steuerfrei verdienen. Auch Überstunden und das Aufstocken von Teil- auf Vollzeit sollen steuerlich begünstigt werden. Die Mütterrente könnte ausgeweitet werden, sodass künftig auch Mütter mit vor 1992 geborenen Kindern bessergestellt werden – eine Entscheidung steht jedoch noch aus.

Das Elterngeld soll steigen, sowohl beim Mindest- als auch beim Höchstbetrag, genaue Beträge wurden aber noch nicht genannt. Familien mit geringem Einkommen profitieren vom Teilhabebetrag, der von 15 auf 20 Euro pro Monat erhöht wird.

Die Mietpreisbremse wird verlängert, bei Verstößen sind künftig Bußgelder vorgesehen. Der Mieterbund kritisiert jedoch fehlende weitergehende Maßnahmen zum Mieterschutz.

Energiepreise sollen durch eine Senkung der Stromsteuer und Netzumlagen sinken, was auch Haushalten zugutekommt. Die Abschaffung der Gasspeicherumlage soll zusätzlich zu Einsparungen führen – laut Verivox könnten Familien jährlich rund 70 Euro sparen.

Das BAföG wird ab dem Wintersemester 2026/2027 erhöht: Die Wohnkostenpauschale steigt auf 440 Euro, der Grundbedarf soll schrittweise an die Grundsicherung angepasst werden.

Beim Heizungstausch ist weiterhin Förderung vorgesehen, das aktuelle Heizungsgesetz soll durch ein flexibleres Gebäudeenergiegesetz ersetzt werden. Details zur Höhe der Förderung sind noch offen.

Das Deutschlandticket bleibt bestehen, ab 2029 könnten die Preise jedoch steigen. Zuletzt wurde es bereits auf 58 Euro pro Monat erhöht.

Führerscheine sollen wieder günstiger werden, da die Ausbildungskosten zuletzt stark gestiegen sind. Eine Reform der Fahrausbildung ist geplant, allerdings noch ohne konkrete Angaben.

Ein Wahlkampfthema war auch die steuerliche Behandlung von Überstunden. Dieses Thema findet sich ebenfalls im Koalitionsvertrag. Allerdings geht es dabei nicht um eine grundsätzliche Steuerfreiheit von Überstunden. Lediglich tarifliche Zuschläge für zusätzlich geleistete Arbeit sollen nicht besteuert werden. 

Derzeit beträgt der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland 12,82 Euro pro Stunde. Unter den Koalitionären hatte vor allem die SPD im Wahlkampf eine deutliche Erhöhung versprochen. Diese soll nun auch kommen. Ab dem kommenden Jahr peilen die künftigen Regierungsparteien einen Mindestlohn von 15 Euro an. 

Reicht das?

Eine große Frage ist nun: Reicht das, was da gestern verabschiedet wurde, um die Segel umzureißen? Wir befinden uns nicht in einem externen Schock, sondern wie eingangs bereits erwähnt in einer strukturellen Krise- eine Krise, welche auf politische Fehlentscheidungen zurückzuführen ist. Nach den ganzen politische Furoren der letzten Wochen war schon zu erkennen, dass die SPD dem Koalitionsvertrag einen roten Stempel aufdrücken wird. Die Frage war lediglich, wie groß wird dieser sein?

Positiv ist, dass solche selbstzerstörerischen Pläne wie eine Erhöhung der Kapitalsteuer oder gar eine Vermögenssteuer nicht auf dem Papier auftauchen. Es gab auch ein Umdenken in der Migrationspolitik, eine geplante Verschärfung in der Vergebung des Bürgergeldes und eine angedachte Debürokratisierung. Und doch ist der ökonomische Eindruck verheerend.

Quelle: annaninii / X

Nicht nur Ostermann, sondern auch eine Vielzahl anderer Unternehmerinnen und Unternehmer blicken nämlich enttäuscht auf die Ergebnisse. Ökonomisch fördernd und investitionsfreundlich kann man vielleicht die Neuauslegung des Heizungsgesetzes bezeichnen, aber darüber hinaus bleibt das Umdenken aus. Variablen wie etwa die Anhebung des Mindestlohns, die Mietpreisbremse, die Sicherung des Rentenniveaus sowie die lachhafte Reduzierung der Einkommenssteuer verhöhnen die so stark geforderten ökonomischen Maßnahmen zur Aufwertung des Investitionsstandortes Deutschland, womit die Frage bleibt: Wer möchte in den nächsten vier Jahren hier investieren? Ganz zu schweigen von der Frage wie das alles finanziert werden soll.

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