FRANKREICH: WIE WEITREICHEND IST DIE KRISE?

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Frankreich steht derzeit vor einer doppelten Krise, die politische Instabilität und wirtschaftliche Herausforderungen miteinander verbindet. Nach dem Sturz der Regierung von Premierminister Michel Barnier herrscht politische Unsicherheit, ausgelöst durch das Scheitern des Haushalts für 2025. Der Haushalt, der Maßnahmen zur Stabilisierung der steigenden Staatsverschuldung vorsah, wurde im Parlament abgelehnt, was zu einem Misstrauensvotum führte. Präsident Emmanuel Macrons Entscheidung, die Nationalversammlung aufzulösen, hat die Lage zusätzlich verschärft und eine Pattsituation zwischen politischen Lagern geschaffen. Extreme Parteien wie die Rechte unter Marine Le Pen und die Linke versuchen, die Schwäche der Mitte auszunutzen, während die Regierungsbildung unklar bleibt.

Marine Le Pen begründete ihr Misstrauensvotum gegen Barnier mit Einsparungen bei Rentnern und behauptete, die Franzosen vor einem „toxischen“ Haushalt schützen zu wollen. Trotz Zugeständnissen wie dem Verzicht auf Steuererhöhungen und Kürzungen bei Medikamenten setzte die Opposition auf eine Blockadepolitik.

Der französische Leitindex CAC 40 reagiert positiv auf das Misstrauensvotum und steigt in den letzten beiden Handelstagen um etwas weniger als zwei Prozent

Aktuelle Lage

Die Schuldenlast Frankreichs beläuft sich auf 3,2 Billionen Euro, mit einer erwarteten Neuverschuldung von über sechs Prozent im nächsten Jahr, was weit über dem Maastricht-Grenzwert von drei Prozent ist. Die Zinsen auf französische Staatsanleihen steigen weiter und belasten den Haushalt massiv, während die politischen Verhältnisse eine Lösung erschweren. Zudem kritisieren große Häuser wie Moody’s und S&P die zunehmende Instabilität und warnen vor einer Verschlechterung der Kreditwürdigkeit.

Zudem belasten die Unsicherheiten die Unternehmenslandschaft, sodass diese Investitionen verschieben oder reduzieren. 2024 wird mit einem Anstieg der Unternehmenspleiten auf etwa 65.000 gerechnet, was auf strukturelle Probleme und hohe Kapitalmarktzinsen zurückzuführen ist.

Frankreichs Rolle in der Eu

Quelle: @GeraldNeuwirth / X

Die politischen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten Frankreichs (und auch Deutschlands) beeinträchtigen die Stabilität der EU insgesamt. Betrachtet man die vorliegende Grafik, so sieht man, dass Deutschland und Frankreich mit Abstand die größten „Net Contributors“ innerhalb des Euro-Systems sind. Wenn nur eines der beiden Länder wirtschaftliche Schwierigkeiten bekommt, welche die Nettoeinzahlungen in das Euro-System verhindern, weitet sich das Problem auf einen ganzen Wirtschaftsraum aus.

Das große Schuldenproblem

Quelle: @henrikmllr / X

Quelle: @stats_feed / X

Das in der politischen Debatte behandelte Kernthema war ein Haushalt zur Stabilisierung der Verschuldung. Denn schaut man auf die aktuelle Staatsverschuldung Frankreichs, dann sind sie mit Staatsschulden von 111% (erlaubt sind 60%) des Bruttoinlandsprodukt auf Platz 2 hinter Italien. Dabei ist nicht zu vergessen, dass Italien und Spanien schon durch Quantitive Easing von der EZB unterstützt worden sind. Wie die EZB in puncto Frankreich entscheiden wird, könnte sehr interessant werden und den Euro erneut auf eine harte Probe stellen. Durch die Nettozahler-Rolle dürfte es hier im Notfall jedoch entscheidend anders werden.

Diese enorme Verschuldung wirkt sich ebenfalls auf die Renditen der französischen Staatsanleihen aus. Der Spread zwischen der Anleiherenditen deutsche 10-Jähriger und Französischer stieg seit Juni um ganze 90 Basispunkte an. Die Schulden betragen stand jetzt 3,2 Billionen Euro, was einer Bruttofinanzierungslast von 300+ Milliarden Euro im Jahr 2025 zur Folge hat.

Renditen steigen auf Rekordniveaus

Quelle: @Schuldensuehner / X

Ein Blick auf die 10-jährigen Staatsanleiherenditen offenbart die aktuelle Risikobewertung Frankreichs. Die französischen Anleiherenditen übersteigen erstmals die der Griechen. Hohe Kapitalmarktkosten belasten ebenfalls die Unternehmensfinanzierungen.

„Months of chaos will cripple France for years“

Dies schrieb Reuters in einem heute veröffentlichten Beitrag. „Selbst in einem optimistischen Szenario, in dem das Durcheinander nur wenige Monate anhält, wird es wirtschaftliche Kosten verursachen, die über Jahre hinweg spürbar sein werden.“, so zeigten es einige Analysen.

Der vorgelegte Haushaltsplan, welcher ironischerweise von der EU-Kommission gebilligt worden ist, beinhaltete folgende Quintessenz: „Nach dem Plan hätte die öffentliche Verschuldung von 113 % des BIP im Jahr 2024 auf über 116 % im Jahr 2028 steigen und danach langsam sinken sollen.“

Wie geht es mit dem Haushalt weiter?

Mit der Frage hat sich die Konrad Adenauer Stiftung beschäftigt, welche auf die französische Verfassung verwiesen, welche eine theoretische Lösung bietet: Artikel 45 erlaubt der Regierung, dem Parlament ein Sondergesetz vorzulegen. Dieses Gesetz ermöglicht die Erhebung bestehender Steuern und die Aufnahme von Krediten, um öffentliche Dienstleistungen aufrechtzuerhalten. In Ausnahmefällen können auch zusätzliche Regelungen integriert werden, die dann vom Verfassungsrat überprüft werden. Sollte das Sondergesetz mit einem reduzierten Haushalt verabschiedet werden, könnte die Verwaltung vorübergehend weiter funktionieren.

Die Stiftung betont jedoch , dass das strukturelle Problem ungelöst bleibt, denn eine Verabschiedung eines regulären Haushalts sei aufgrund der fehlenden Mehrheit im Parlament kaum möglich. Selbst eine neue Regierung unter einem neuen Premierminister würde dieses Problem nicht lösen. Eine Änderung der politischen Mehrheiten sei erst mit möglichen Neuwahlen ab Juli 2025 in Sicht. Bis dahin könne Frankreich gezwungen sein, mit den Mitteln aus den Haushalten der Jahre 2023 und 2024 zu operieren.

Quelle: @MichaelAArouet / X

Der selben Meinung ist auch Michael Arouet, welcher mittels der vorliegenden Grafik die steigenden Kreditkosten erneut thematisiert. Der Haushalt wird von zeit zu zeit stärker belastet, weshalb es womöglich nur mit grundlegenden tiefen Veränderungen möglich ist, die Krise zu überwinden.

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