Zuletzt wurden erst die Zinssenkungshoffnungen seitens der Fed gedämpft, jetzt könnte auch die EZB die Märkte enttäuschen. Bis dato ging nämlich der breite Markt davon aus, dass sich der Zinssenkungszyklus der Europäischen Zentralbank weiter fortsetzt. Die neusten Konjunkturentwicklungen zeigten jedoch, dass sich vor allem die Variablen auf der Inflationsseite zunehmend verschieben- wie sicher sind also nun die bisher angenommenen geldpolitischen Maßnahmen in der Eurozone wirklich?
Aktuelle EZB-Zinsprognosen

Quelle: Reuters
In unserem Anfang Dezember veröffentlichten Beitrag bezüglich des Zinszyklusplans für das Jahr 2025 präsentierten wir die obliegende Folie. Im Gesamten beliefen sich die Prognosen verschiedener Häuser mehrheitlich auf eine Senkung von mindestens 100 Basispunkten und somit einen Leitzins von durchschnittlich 2%.

Quelle: @amna_newseng / X
Auch beispielsweise der Gouverneur der Bank of Greece, Yannis Stournaras, äußerte sich in einem Interview zu der Zinssituation. Laut ihm stehe einer Leitzinssenkung auf 2% bis zum Herbst 2025 nichts im Weg.

Quelle: @acemaxx / X
Die Financial Times befragte eine Zahl von Ökonomen über ihre Einschätzung bezüglich des aktuellen Zinszyklustempos. Die knappe Mehrheit äußerte dabei, dass jenes zu langsam sei und die Gefahr einer Stagnation der europäischen Wirtschaft begünstige. Ungefähr die andere Hälfte ist der Meinung, die EZB habe bis dato das richtige Tempo gewählt.
Das EZB-Dilemma
Auch wenn sich große Analystenhäuser, Banken und Ökonomen bisher sicher gewesen sind, dass die EZB den Leitzins weiter senkt, gibt es nun Zweifel. Der Grund liegt im Wesentlichen in der wieder anfachenden Inflation. Zuletzt hat man in Spanien mit 2,8% deutlich höhere Verbraucherpreise gesehen. Die stagnierende bzw. in bestimmten Teilen rückläufige Wirtschaft bleibt weiterhin der große Gegenspieler. Denn diese benötigt dringend Investitionsanreize und Stimuli, um sich neben den strukturellen Problemen wieder der Konkurrenzfähigkeit mit expandierenden Wirtschaftsräumen zu widmen.
Inflation
„Der Leitzins muss wieder angehoben werden“ Diese These warf nun Peter Schiff, ein amerikanischer Ökonom, in den Raum. Als Gründe führt er die Euro-Schwäche sowie die steigenden Ölpreise an, welche die Verbraucherpreise in der Eurozone wieder von dem 2%-Preisniveaustabilitätsziel entfernen sollen.

Quelle: @PeterSchiff / X
Der starke Dollar bewirkt teurere Importpreise, welche durch Preisanpassungen an die Konsumenten weitergegeben werden. Auch das letztlich ausgelaufene Transitabkommen zwischen Russland und der Ukraine wird die Energiekosten weiter anfachen. Auch in diesem Fall werden schlussendlich die Verbraucher zur Kasse gebeten und dürften nicht nur in privaten Haushalten, sondern auch beim Beziehen von Gütern und Dienstleistungen mögliche Engpässe und teurere alternative Lieferantenlösungen spüren.
Ebenfalls die steigende Geldmenge M3 solle laut Thorsten Polleit wieder Druck auf die zukünftige Inflationsrate ausüben und die Kaufkraft des Euros mindern.

Quelle: @ThorstenPolleit / X
Im November stieg diese nach einer längeren Zeit der Reduzierung um 3,8%.
Wirtschaft
Die wirtschaftliche Schwäche der Eurozone ist nun allerseits bekannt und geht auf verschiedensten Daten hervor. Vor allem der „Kranke Mann Europas“, Deutschland, ist ein Sinnbild für die strukturellen Probleme in dem einst selbsternannten zukunftstauglichsten Wirtschaftsraum der Welt. 30 Monate in Folge sah man nun ein Schrumpfen der Industrie. Um Investitionen anzukurbeln, werden nun seitens der Unternehmen geldpolitische Lockerungen gefordert.
Die immer wieder bekundete Not geht aus der unten abgebildeten Grafik hervor. Denn wohingegen die USA oder andere Volkswirtschaften immer größere Wirtschaftsleistung erbringen, tritt Europa auf er Stelle. In einer sich so schnell verändernden Welt bedeutet ein so immenser Vorsprung extrem viel- wenn sich jener fortlaufend ausweitetet, besteht die Gefahr, den Anschluss komplett zu verlieren.

Quelle: @Rob_Ross / X
Wie geht es weiter?
Wie es weiter geht, ist bisher schwer zu sagen. Man sollte sich in der ganzen Diskussion jedoch in den Hinterkopf rufen, dass anders als die Fed die EZB die primäre Aufgabe hat, die Inflation in Schach zu halten. Der Fokus liegt immer erst auf den Inflationsdaten und zieht jene der wirtschaftlichen Entwicklung vor. Am Montag werden uns die Verbraucherpreise aus Deutschland erreichen, am Dienstag dann die Frankreichs sowie der gesamten Eurozone. Die Inflation der Eurozone belief sich im November auf 2,2%- für den Dezember wird ein Anstieg von 20 Basispunkten auf 2,4% erwartet. Schon ein solcher Anstieg würde den nächsten Zinsentscheid maßgeblich erschweren.
Es sind nicht die Zinsen…
Shaun Richards führt an, dass die steigende Geldmenge jegliche Effekte einer Zinssenkung auf die Inflation zunichte machen würde. Im Allgemeinen dürften es ohnehin nicht die Zinsen sein…

Quelle: @notayesmansecon / X
Wenn man ehrlich ist, hat eine Zinssenkung von 25 Basispunkten keine erheblichen Auswirkungen auf die Finanzierungskosten der Unternehmen. Demnach dürfte der nächste Zinsschritt vermutlich viel mehr ein psychologischen Effekt nach sich ziehen, welcher primär Auswirkungen auf die Kapitalmärkte und somit die kurzfristigen Kapitalkosten der Unternehmen haben wird.
Grundsätzlich hat die EZB eine Leitfunktion, jedoch keine direkte Entscheidungsposition. Die Wirtschaft ist nicht bedingt durch die Leitzinsen, welche im Übrigen deutlich niedriger als beispielsweise in Amerika sind, belastet, sondern durch strukturelle Probleme. Es sind die nationalen und auf europäischer Ebene getroffenen politischen Entscheidungen, welche die Rahmenbedingungen setzen.
Der Fokus sollte demnach auf der radikalen Reformation wirtschaftspolitischer Ziele liegen und nicht von der Entscheidung der EZB abhängig gemacht werden.
In eigener Sache: Zur Analyse sowie Informationsbeschaffung nutzen wir die Software InvestingPro unseres Partners
investing.com. Mit dem Partnerlink https://www.investing-referral.com/aff90/ sparen Sie immer den maximalen Rabatt.
Wenn Sie nichts wichtiges rund um die Börse, Wirtschaft und Politik verpassen wollen, folgen Sie uns auf Home – EconomyGlobal.