ZÖLLE – EU, DEUTSCHLAND UND DER KAMPF GEGEN DIE CHINESISCHEN E-AUTOS / Teil 1

E-Autos

Der Kampf gegen den Klimawandel und die damit einhergehende Neuorientierung in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft konkurriert direkt mit der Profitabilität der Unternehmen, welche davon betroffen sind- also praktisch jedes. Besonders betroffen sind Automobilhersteller, denn klimaneutrale Ziele, wie das Verbrennermotoren-Verbot ab 2035, zwingen sie dazu, nicht nur neue erneuerbarer Energie betriebene Autos (primär E-Autos) herzustellen, sondern zudem auch auf die Jahrzehnte langen Erfolgsgiganten, welche mit Verbrennern laufen, zu verzichten. Das bedeutet nicht nur eine massive Umstrukturierung seitens neuer Technologien, sondern vor allem eine riesige Herausforderung in Bezug auf die Bilanzen und Finanzstabilität. Genau diese finanzielle Situation der europäischen Automobilhersteller sieht die EU nun durch die chinesische Automobilindustrie gefährdet.

Untersuchungen seitens der eu

Genauer gesagt wurde im September 2023 von der EU-Kommission unter Ursula von der Leyen eine Untersuchung auf die Rechtmäßigkeit der staatlichen Subventionen auf chinesische Elektroautos eingeleitet, welche dann einen Monat später formell in Kraft trat. Der Hintergrund jener Untersuchung war der Verdacht, dass die chinesische Regierung durch ihre Subventionen künstlich niedrige Preise erzeugt, welche den europäischen Markt überfluten und die europäischen Autobauer aus dem eigenen Markt verdrängen könnten.

Dem sollen „Ausgleichszölle“ entgegenwirken, welche die künstlich generierten Niedrigpreise ausgleichen und einen fairen Wettbewerb schaffen sollen. Am 04.07.2024 hat die EU dann offiziell bekanntgegeben, Zölle auf chinesische E-Autos zu erheben. Jene Zölle sollten jedoch nur vorübergehend sein und die Möglichkeit bieten, dass die Abstrafung im Falle einer Einigung zwischen Brüssel und Peking bis November wieder rückgängig gemacht werden kann. Bei keiner diplomatischen Lösung sollten dann die Zölle rückwirkend ab Juli einkassiert werden. Diese Methode der rückwirkenden Zahlungsforderung wurde jedoch aufgrund fehlender rechtlicher Grundlage gekippt, was vorerst die Inkraftsetzung von diesen Zöllen verhindert.

Der neue Entwurf und dessen Inhalte

Nun hat die EU-Kommission einen neuen Entwurf veröffentlicht, zu welchem sich die Parteien binnen 10 Tage nach der Veröffentlichung bekennen und Anhörung beantragen können. Wenn keine qualifizierte Mehrheit der Mitgliedstaaten ablehnt, wird der Entwurf umgesetzt und am 30. Oktober veröffentlicht. Die Verordnung würde in diesem Falle fünf Jahre bestehen und nach Überprüfungen verlängert werden können.

Grundsätzlich sind die Abschläge um einige wenige Prozentpunkte bei den alten Zollsätzen minimal. Auffallend ist jedoch der Zollsatz, welcher für Tesla vorerst aufgestellt wurde. Dieser stützt sich auf der geringeren Subvention seitens Pekings, welche Tesla größtenteils nur Vorteile in der Bereitstellung von Batterien einräumt. Volkswagen hingegen geht mit einer Erhöhung von 0,5% als Verlierer aus dem neuen Entwurf der EU-Kommission empor.

Automärkte im Vergleich- Wer hat die Nase vorne?

überblick fahrzeugmärkte

Betrachtet man die Neuzulassungen auf den Automärkten aus dem Jahr 2022 erhält man einen guten Überblick über die Marktanteile verschiedener Binnenmärkte und Nationen. Deutschland, die Nation der Ingenieurskunst, macht mit 2,7 Millionen Zulassungen circa 3,8% am Weltmarkt aus. Vor ihr sind die gesamte EU mit 9,3 Mio. und die USA mit 13,8 Mio. Fahrzeugneuzulassungen. Die alleinige Spitze bildet China, welche 2022 knapp 1/3 des Weltmarktes ausmacht.

motorisierungsraten

Um nun auf das enorme Potential dieses aufstrebenden Automarktes zu verweisen, sollte man mittels der obliegenden Tatsache, dass in China nicht mal jeder Fünfte ein Auto besitzt, einen Vergleich zu Nationen wie Deutschland oder der USA ziehen. Diese Märkte haben nämlich Motorisierungsraten von 58% und 85%. Auch wenn China gesellschaftsstrukturell und stadtgeographisch teils deutliche Unterschiede aufweist, sollte das Potential, welches China als Absatzmarkt so interessant macht, nicht unerwähnt bleiben.

Wie viele E-autos gibt es?

Um nun dem Thema der Elektrizität in der Automobilbranche näher zu kommen, ist der weltweite Bestand an elektrifizierten Pkws ein sehr interessanter Indikator für den industriellen Umschwung in Zeiten der Dekarbonisierung. Jener hat sich nämlich binnen der sechs Jahre zwischen 2017 und 2023 verachtfacht.

Internationale Neuzulassungen E-Autos

Im dritten Quartal des Jahres 2023 sieht man vor allem in Bezug auf die Neuzulassungen vollelektrisch betriebener Autos (BEV) die chinesische Dominanz. Diese verbesserten sich zum Vorjahresquartal um +25,6%. Auch bei Plug-in Hybrid betriebenen Elektroautos, also Autos, welche sowohl über den Verbrennungsmotor als auch über ein externes Netzteil geladen werden können, zeigen die Chinesen ein enormes Wachstum von über 80% zum Vorjahr. Mit 4,48 Millionen BEV-Neuzulassungen und knapp 1,8 Millionen PHEV-Fahrzeugneuzulassungen könnte die Marktführung nicht eindeutiger sein. Nur bei Hybrid-Neuzulassungen muss China ein Abstrich zum Vorjahr von -4,5% hinnehmen.

In dieser Kategorie haben die Europäer und Amerikaner die Nase vorne. Die USA zeigt antriebsübergreifendes Wachstum, während sie außer bei Neuzulassungen von Hybrid-Fahrzeugen in zwei von drei Kategorien anteilsmäßig das Schlusslicht darstellen. Die Europäer hingegen zeigen bei Neuzulassungen von Hybrid-Pkws beeindruckende Stärke, mussten nichts desto trotz bei PHEV-Neuzulassungen ein einstellig negatives Wachstum von -5% hinnehmen. Bei vollelektrischen Pkws sind die Neuzulassungen Märkte übergreifend am Florieren.

Die Scale-up e-auto-skala

Ein kurzer Blick auf die Scale-up E-Drive- Skala genügt, um die Dominanz des E-Autos auf dem chinesischen Automarkt in dem Zeitraum von 2020 bis inklusive 2022 zu erfassen. Wo 2020 nur knapp 6% des gesamten Automarktes in China elektrifizierte Autos ausmachten, hat sich dieser relative Anteil bis ins Jahr 2022 kontinuierlich bis zu 27% gesteigert. Der in absoluten Zahlen zweitgrößte Absatzmarkt in den USA hinkt bezüglich der Elektrifizierungsrate mit 7,8% im Jahr 2022 deutlich hinterher.

Europas Elektrifizierungsrate hat sich kontinuierlich erhöht, sodass 2022 21% aller Autoverkäufe auf Elektroautos entfielen. Innerhalb der EU ist Deutschland mit 833.000 verkauften BEV und PHEV-Fahrzeugen und einem relativen Anteil von 31% in absoluten Zahlen der stärkste Mitgliedstaat. Beachtlich ist die Elektrifizierungsrate von skandinavischen Ländern wie Norwegen oder Schweden, denn diese wiesen jeweils einen relativen Anteil von 88% und 56% auf.

das weltweite E-Auto-rennen der hersteller

Im Q1 2023 hat vor allem ein Autobauer auf sich aufmerksam machen können, nämlich BYD. BYD ist eine chinesische Automarke, welche die elektrifizierte Automobilbranche erobert und den Marktführer Tesla abgelöst hat. Auffallend bei den Neuzulassungen nach Herstellern ist die Marktkonzentration, welche sich primär auf die ersten drei Akteure (BYD, Tesla und VW Group) verteilt.

Export-Import-Verhältnisse

Nach einem Rundumschlag des E-Auto Marktes und der damit verbundenen Einsicht in die Dominanz Chinas, ist nun interessant wie die Handelsbilanzen zwischen Deutschland und der Volksrepublik aus China aussehen, um Ausmaße von handelsbeschränkenden Interventionen zu verstehen. In der obigen Abbildung sieht man die angesprochene Außenhandelsbilanz Deutschlands. Das dort abgebildete Saldo setzt sich aus der Differenz zwischen Exporten nach China und Importen aus China zusammen. Seit Beginn der Grafik im Jahr 1990 besteht ein Importüberschuss.

der wandel

Jener hat seinen vorläufigen Höhepunkt in den Jahren zwischen 2005 und 2010 gefunden, in welchen der Importüberschuss zwischenzeitlich bei 26,8 Mrd. Euro lag. Nach der Finanzkrise und der Rettung des Euros mithilfe „billigen Gelds“ resultierend aus Rettungsmaßnahmen der Europäischen Zentralbank, ist der Euro wegen der quantitativen Lockerungen gefallen und hat es auch Deutschland ermöglicht, mehr zu exportieren. Diese Exporte führten dann zu einem Wiederanstieg der Außenhandelsbilanz.

Nach 2018 hat sich das Exportdefizit massiv vergrößert, bis es 2022 -86,1 Mrd. Euro erreichte. Wichtig anzumerken ist der Fakt, dass Deutschland gegenüber anderen Nationen im Regelfall nur Exportüberschüsse erwirtschaftet. Betrachtet man die Außenhandelsbilanz mit den USA (63 Mrd. Euro Überschuss) oder Frankreich (50 Mrd. Überschuss), lässt sich China als ein markanter Ausreißer zu erkennen.  

Seit 2020 extrahiert sich der Importwert deutlich von dem Exportwert. Das Statistische Bundesamt sieht dafür drei maßgebliche Gründe: Auf der einen Seite die Zunahme der Lokalisierung von deutschen Unternehmen in China, was zur Folge hat, dass die dort erzielten Kapitalerträge nicht nur in die Handelsbilanz Chinas laufen und dessen Exporte stützen, sondern auch, dass Deutschland aufgrund der ausländischen Produktionsverlagerung gezwungen ist, mehr zu importieren.


Ein weiterer Grund sei die mangelnde Binnennachfrage in China. China ist dafür bekannt, mittels verschiedener Produktionsvorgänge hohe Absatzmengen zu produzieren, was bei Nachfragemangel jedoch für Überkapazitäten sorgt. Diese Überkapazitäten müssen abgebaut werden und dabei haben chinesische Unternehmen vor allem die europäischen Märkte als Abnehmer im Auge.


Der letzte Grund ist die expandierende chinesische Wirtschaft. China ist unumstritten in einigen Branchen Marktführer und produziert aus verschiedensten Gründen mit exzellentem Preis-Leistungs-Verhältnis. Vor allem technologisch sind sie ein Vorreiter und schaffen es, sich durch ihr nationales Grundstoffvorkommen unabhängig darzustellen und problemlos Industriezweige zu knüpfen.

Importpartner nr.1

Der Stellenwert Chinas wird in jener Grafik des Instituts für deutsche Wirtschaft klar. Auf der Importseite sind die Chinesen nämlich seit 2010 der wichtigste Handelspartner, während Exporte vermehrt in andere Märkte fließen. Dass China der Handelspartner mit dem größten Handelsvolumen für Deutschland darstellt, ist zusammenfassend also vor allem auf die Importseite zurückzuführen, welche so stark überwiegt wie bei keiner anderen Außenhandelsbilanz der Deutschen Bundesrepublik.  

Wirtschaftspartner der Eu

Auch die EU hat ein Exportdefizit in der Handelsbilanz mit China. Auch wenn dort das Handelsvolumen vergleichsweise deutlich geringer als das der Deutschen ist, bezieht die EU die meisten Waren aus der östlichen Nation. Die Auswirkungen auf industrielle Produktion und Geschäftsvorgänge bei einem Handelskrieg, welcher medial immer wieder in den Raum geworfen wird, sind demnach verheerend.

Export-import in der e-auto industrie

Die Umsatzentwicklung der deutschen Automobilindustrie erlitt nach dem kriselnden Pandemiejahr 2020 einen stetigen Aufwärtstrend. Der Auslandsumsatz überwog stetig im ungefähren Verhältnis von 2:1, was die Abhängigkeit der ausländischen Nachfrage festigt.

Wo der Exportüberhang in der deutschen Automobilindustrie als „normal“ anzusehen ist, hat die chinesische Automobilindustrie eine Trendwende hingelegt. Verweist man nur auf eines von BYDs ersten vollelektrische E-Autos, sprechen die Verkaufszahlen für sich: In dem ersten Verkaufsjahr wurde der sogenannte E6 33 Mal verkauft.

Grund dafür waren Design, die damals noch unpopuläre E-Technologie und vor allem die Konkurrenz. Deutschland war schon immer der Marktführer, wenn es um Qualität von Verbrenner-Motoren und Karosserie ging. Ab dem Jahr 2021 und den damit einkehrenden kurzfristigen Klimazielen zum Erreichen der Dekarbonisierung sind auf einmal chinesische Autoexporte explodiert. Schon im Jahr 2023 gab es einen Exportüberschuss mit zum Vorjahr sinkenden Importen.